Ein Experiment
Gestern abend war erneut ein großartiger Spieleabend, über den ich gerne etwas ausführlicher erzählen möchte. Eine gute Möglichkeit also, endlich mal wieder diesen Blog zu reaktivieren. Immerhin hat er schon lange genug brach gelegen.

Da ich dank des im letzten Jahr ausgelieferten Hüne-Kickstarters inzwischen über zwei recht große Tische verfüge, wollte ich neben den üblichen Spieleabenden in kleiner Runde für 2020 gerne etwas neues versuchen.
Der Plan war, einmal im Monat zu einem festen Termin eine Art kleinen, offenen Spieletreff zu veranstalten. Den wollte ich gerne nutzen, um auch interessierten Neueinsteigern die Chance zu geben, in entspannter Atmosphäre und ungezwungen in dieses Hobby hineinzuschnuppern.
10 – 12 Personen bekomme ich denke ich unter. Für kleinere Spiele habe ich noch zwei zusätzliche Tische in der Hinterhand.
Soweit der Plan, also zunächst in meinen Spielegruppen gefragt, ob hier grundsätzliches Interesse besteht. Check.
Termin auf den ersten Samstag eines Monats festgelegt. Check
Whatsappgruppe für die Teilnehmerabstimmung eingerichtet. Check
Bei einigen Bekannten angefragt, wenn ich dort zumindest leichtes Interesse am Hobby bemerkt habe. Check
Damit konnte ich dann nur noch mit Spannung den ersten Termin abwarten. Und gestern war es soweit.


Die Umsetzung
Insgesamt hatten vier Spieler aus meinen regulären Spielegruppen zugesagt. Von den Neueinsteiger*innen ist leider nur eine übrig geblieben, die gestern teilnehmen konnte, so dass wir insgesamt zu sechst waren.
Ich hatte zwar auf mehr gehofft, aber sechs Spieler*innen war noch ok, um sich auch auf beide Tische verteilen zu können.
Interessant an der gestrigen Konstellation war, dass sich sich wirklich keiner der Teilnehmer*innen bereits kannte.
Gegen fünf Uhr sollte es losgehen. Nach und nach trudelten auch alle Spieler*innen ein. Verena, die Neueinsteigerin, war zuerst da, danach schlugen in kurzer Folge Tom, Frederik (1) und Frederik (2) bei mir auf. Karsten sollte etwas später ankommen, so dass wir den Abend mit einem kurzen Spiel in Fünferkonstellation eröffneten.
Die Spiele
Cosmic Factory

Mit Cosmic Factory haben wir zuerst meinen derzeitigen Favoriten für Aufwärmspiele auf den Tisch gebracht. Das pfiffige Galaxiebauspiel ist unglaublich schnell erklärt, und mit einer Spielzeit von vielleicht einer halben Stunde auch sehr schnell gespielt.
Da es eher auf schnellen Spielspaß ausgelegt ist, eignet es sich perfekt, um gerade in einer Gruppe von Menschen, die sich noch nicht kennen, das Eis zu brechen. Das war allerdings gar nicht nötig, da nirgends Eis zu sehen war, das wir hätten brechen müssen.
Die Partie hat allen Beteiligten Spaß gemacht und war ein toller Einstieg in den Abend. Traditionell habe ich mal wieder erst in der letzten Runde daran gedacht, Fotos zu machen. Das passiert mir irgendwie nur bei Cosmic Factory.

Da Karsten inzwischen auch eingetroffen war, ging es dann in zwei Gruppen weiter.
Bloom Town

Während sich Karsten, Frederik (2) und Tom nebenan mit Puerto Rico und Menara beschäftigten, brachten Verena, Frederik (1) und ich Bloom Town auf den Tisch. Auf Twitter habe ich schon mehrfach betont, wie gut mir dieses Städtebauspiel als Gateway-Titel gefällt. Auch heute hat sich diese Meinung wieder einmal bestätigt. Einfache Regeln, schnell gespielt und trotzdem voller interessanter Überlegungen.

Zudem sieht es schlicht wunderschön aus. Ich bin verliebt in die vielen, kleinen Details auf den Gebäudeplättchen. Außerdem finde ich es toll, wie die Aufbauanleitung mit in das Spielmaterial integriert wurde. Sehr schön gelöst!



Paperback

Weiter ging es mit Paperback, einem Wortbau-Deckbulider, den ich schon lange nicht mehr auf dem Tisch hatte. Ich mag Paperback sehr, auch wenn es ein eher schweigsames Spielerlebnis ist. Das wurde nach den beiden lockeren vorherigen Partien umso deutlicher.
Alle waren darauf konzentriert, das nächste Wort zusammenzuknobeln, so dass am Tisch praktisch keine Gespräche aufgekommen sind. Verena hatte viel Pech beim Ziehen ihrer Kartenhände, so dass kaum punkteträchtige Worte zusammengekommen sind. Trotzdem hat sie sich tapfer geschlagen, und konnte sich zum Ende hin noch den zweiten Platz sichern.
Frederik (1) war so gefesselt vom Aufbau seines Decks, dass er bis zum Schluss die Siegpunktekarten praktisch komplett vernachlässigte.

Vielleicht probiere ich beim nächsten Mal die kooperative Spielvariante aus, in der dann hoffentlich mehr Gespräche aufkommen. Paperback bleibt für mich auf jeden Fall ein schönes Wortbauspiel, das ich immer mal wieder gerne auspacke.

DIG

Da Verena sich langsam auf den Heimweg machen wollte, musste noch ein schnell zu spielender Titel auf den Tisch. DIG ist für diesen Zweck prädestiniert.
Eine Partie ist meist nach 10 – 15 Minuten beendet, und es ist in wenigen Minuten erklärt. Also konnten wir schon nach sehr kurzer Zeit schauen, wer von uns am Besten nach Juwelen schürfen kann. Um das vorweg zu nehmen, ich war es nicht.

Während Verena und Frederik (1) fleißig Juwelen und Runensteine farmen konnten, kamen meine Arbeiter auf keinen grünen Zweig. Und das, obwohl ich die grünen Arbeiter ausgewählt hatte. Mein einziges, kleines Runensteinerfolgserlebnis hat Verena mit einer gezielten Bombe sofort zunichte gemacht. Danke nochmal dafür! Aber was soll´s. Spaß gemacht hat die kurze Abschlusspartie trotzdem. Und das ist das wichtigste!

Damit war Verenas erster Spieleabend beendet und das tolle ist: Ihr hat es richtig gut gefallen! Gut genug, um beim nächsten Mal wieder dabei sein zu wollen. Und das ist denke ich das bestmögliche Ergebnis meines Experiments. Es zeigt mir, dass ich mit diesem Konzept auf dem richtigen Weg bin.
Western Legends

Passenderweise waren die drei Jungs nebenan gerade mit ihren beiden Spielen durch, so dass wir zum Abschluss noch einen größeren Fünfpersonentitel auf den Tisch bringen konnten.
Vor einigen Tagen hatte ich die deutsche Version von Western Legends gekauft, das ich unglaublich gerne einmal ausprobieren wollte. Da für dieses Spiel möglichst viele Spieler essenziell wichtig sind, war gestern eine perfekte Gelegenheit dafür.
Also direkt eine Spaghettiwestern-Playlist angeworfen und die Regeln erklärt. Da ich nach dem Spiel eine etwas zwiespältige Meinung zu Western Legends habe, möchte ich hier etwas ausführlicher ausholen.
Worum geht es?
Western Legends ist ein Sanbox Spiel mit Western-Thema, in dem die Spieler*innen bekannte Outlaws oder Westernhelden verkörpern. Darunter finden sich Namen wie Billy The Kid, Wyatt Earp oder Doc Holiday. Im Spiel versuchen sie, mit vielfältigen Aktionen, möglichst viele Legendenpunkte zu erzielen. Eine Bank überfallen? Gold schürfen? Vieh treiben? Duelle gegen die anderen Spieler*innen? Eine Partie Poker im Saloon? Banditen jagen? All das ist in Western Legends möglich.

Wir können uns entscheiden, ob wir die Karriere eines Outlaws oder eines Marshalls einschlagen. Auch ein Seitenwechsel ist während des Spieles möglich. Mit unseren Aktionen können wir Storykarten aktivieren, die uns dann weitere Boni bescheren können. Wird eine vorher festgelegte Legendenpunktezahl erreicht, dürfen noch zwei Runden gespielt werden. Wer dann die meisten Punkte hat, gewinnt das Spiel.
Wie hat es sich gespielt?
Mir persönlich hat Western Legends gut gefallen. Allerdings haben sich im Spielverlauf auch einige deutliche Schwächen herauskristallisiert.
Auf der Atmosphäreseite gibt sich Western Legends wenig Blößen. Das Material ist sehr stimmungsvoll gestaltet, der große Spielplan und die Spielertableaus sind sehr übersichtlich. Jeder Charakter wird mit einem kurzen Stimmungstext beschrieben. Von passender Musik begleitet konnten wir damit sofort tief in die Westernstimmung eintauchen.

Die ersten Züge machten richtig viel Spaß. Wir sind begeistert von den vielen Möglichkeiten, uns auf dem Spielplan auszutoben. Recht schnell stellt sich allerdings heraus, dass bestimmte Aktionen auf dem Weg zum Sieg nur wenig Sinn machen. Die Möglichkeit, an einem Ort für 10 Dollar zu arbeiten, oder ein Pokerspiel zu starten, sind zum Beispiel viel zu schwach, um Aktionen dafür zu verschwenden. Andere Aktionen, wie das Schürfen nach Gold sind dagegen vergleichsweise viel zu effektiv.
Das Spiel benötigt denke ich Spieler*innen, die einfach in die Atmosphäre eintauchen wollen, und eine schöne Zeit in dieser Westernstimmung verbringen möchten. Dann funktioniert es richtig gut. Dazu ist aber auch ein guter Mix aus Outlaws und Marshalls erforderlich, um für genug Interaktion zu sorgen. Mit weniger als vier bis fünf Spielern gibt es denke ich zu viele Möglichkeiten, sich auf der großen Karte aus dem Weg zu gehen. Selbst bei vier Spielern bin ich nicht sicher, ob das Spiel richtig gut funktioniert.
Und wer einfach nur auf eine bestmögliche Gewinnstrategie spielen möchte, wird vermutlich weniger Freude mit Western Legends haben.

Mit fünf oder sechs Spielern offenbart sich allerdings gerade im späteren Spielverlauf eine weitere Schwäche: Die Downtime. Es dauert einfach sehr lange, bis man selbst wieder am Zug ist, der dann viel zu schnell wieder vorbei ist.
Die oben erwähnten Storykarten tragen auch nur bedingt zur Atmosphäre bei. Die Aufgaben, um eine Karte zu aktivieren sind generisch und wiederholen sich ständig. Dazu haben sie nichts mit dem Ereignis zu tun, das dann bei Aktivierung stattfindet. Das ist ein bisschen schade, da ich die Idee mit diesen durchaus gut geschriebenen Storyschnipseln an sich gut finde.

Mein Fazit
Trotz der Kritikpunkte hat mir Western Legends gut gefallen, und ich möchte gerne erneut in den Wilden Westen zurückkehren.
In seinen besten Momenten hetze ich meinem Mitspieler einen Sherrif auf den Hals, und nehme ihm in diesem Kampf seine stärksten Kampfkarten ab, um ihn mit der nächsten Aktion zu einem Duell herauszufordern. (Sorry nochmal, Karsten). Hier lässt Western Legends seine Stimmungsmuskeln spielen. Western Legends wird sicherlich kein Dauergast auf meinem Spieltisch sein, aber doch ein Titel zu dem ich immer mal wieder gerne zurückkehre. Einfach nur um mich wie ein legendärer Westernheld zu fühlen. … Naja, oder auch nicht, da ich gestern nicht wirklich legendär erfolgreich war.

Ich bin auf jeden Fall gespannt auf weitere Partien, und darauf, wie sich mein erster Eindruck weiterentwickeln wird.
Das Ende
Damit ging ein wunderbarer und erfolgreicher Spieleabend zuende. Ich habe es erfogreich geschafft, einen weiteren Menschen mit unserem Hobby zu infizieren, und alle Beteiligten hatten einen schönen Abend.
Dafür bin ich meinen fünf Gästen sehr dankbar! War toll mit euch!
Euch, liebe Leser*innen danke ich für die Aufmerksamkeit darf mich bis zum nächsten Mal verabschieden.
Lebt lang und in Frieden,
Andreas
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