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Invasion der Winzlinge

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Diese Gemeinschaft kam mit uns Menschen in Kontakt, als ein britischer Gentleman versehentlich an den Küsten der Nation Liliput anlandete. Dieser Gentleman war für die Bewohner dieser winzigen Nation und ihrer verfeindeten Nachbarn, den Bewohnern von Blefuscu, ein Riese, denn die Wesen waren kaum größer als der Daumen des Mannes. – Über die Nation Neu Liliput.

Und damit Hallo und herzlich Willkommen zu einem Artikel, den ich eigentlich schon mehr oder weniger im Papierkorb gesehen habe. Denn weniger als ein halbes Jahr nach Erscheinen des im folgenden vorgestellten Spieles musste der Hersteller den Geschäftsbetrieb einstellen, und damit war die Marke eigentlich dem Tode geweiht.
Die Rede ist vom Tabletop-Skirmisher Home Raiders, den der spanische Hersteller Vesper-On Games Anfang Mai 2015 erfolgreich über Kickstarter finanziert hat.

Leider gerieten Vesper-On, die sich auch für das extrem stimmungsvolle Carnevale verantwortlich zeigten, ein knappes halbes Jahr nach Auslieferung des Kickstarters im November 2015, in schwere finanzielle Schwierigkeiten, so dass sie letztendlich das Unternehmen schließen mussten und die Lizenzen und Werkzeuge zum Verkauf stellten.

Kurz darauf gab es erste Meldungen, dass Troll Trader und TTCombat gemeinsam beide Marken übernommen hatten, und es für diese damit wieder eine potenzielle Zukunft gab. Danach wurde es längere Zeit ruhig um Home Raiders, doch inzwischen werden einige der Kickstarter-Modelle neu aufgelegt, und es scheint sich abzuzeichnen, dass das System tatsächlich eine zweite Chance bekommt.

Daher ist jetzt vielleicht ein ganz guter Zeitpunkt, um das Unboxing / Spielvorstellung für den Home Raiders Kickstarter nun doch noch nachzuholen. Aktuell ist noch unklar, ob und in welcher Form die Grundbox von Home Raiders neu aufgelegt wird. Daher weiß ich nicht, ob es das, was ihr weiter unten im Artikel an Fotos zu sehen bekommt, so auch nochmal im Handel geben wird. Nach ersten Aussagen von Troll Trader ist es anscheinend geplant, zumindest das Material der Figuren auf Plastik umzustellen.

Trotzdem sollten die Bilder und die anschließende Spielbeschreibung einen ganz guten Überblick über den grundsätzlichen Stil des Spieles und dessen Mechaniken geben. Ich hoffe sehr, dass die Marke es schafft, sich erfolgreich zu etablieren, denn das Potenzial ist auf jeden Fall vorhanden.

Das von David Esbri entwickelte Spiel hat mich damals über das in meinen Augen sehr geniale Konzept eines Tabletops im Maßstab 1:1 gepackt. Denn bei Home Raiders geht es um winzige Wesen aus anderen Dimensionen, die über Portale in unsere Welt gelangen und um die Vorherrschaft in unserem Wohnraum kämpfen.

Da gibt es die Gremlins, die dafür sorgen, dass unsere Technik ständig ausfällt. Die Herren des Staubes, dank denen der Staub in unseren Wohnungen einfach nicht zu besiegen ist. Oder die Nation Neu-Liliput, die versucht, alles in Ordnung zu halten.

Durch diesen 1:1-Ansatz kann das Spiel komplett auf Gelände verzichten, denn alles, was zum Spielen benötigt wird, befindet sich bereits auf unseren Tischen… Flaschen, Gläser, Schüsseln oder Deko – alles kann und sollte als Gelände verwendet werden. Dieses Konzept und der relativ geringe Umfang des Regelwerkes machen Home Raiders für mich zu einem sehr schönen und sogar familiengerechten (ausfallende Figuren werden nicht getötet, sondern teleportieren sich zum Ausruhen zurück in ihre Dimension) Einsteigerspiel.

Kommen wir nun aber zur eigentlichen Box und ihrem Inhalt.

Das Format der Schachtel ist etwas größer als A4 und sie ist ca. 6 cm hoch. Das Cover mit einem Gefecht zwischen Gremlins und New Lilliput um ein Bücherregal finde ich passend und schick gemacht.

Die Seiten der Box sind optisch wie ein geschlossenes Buch aufgemacht. Eine schöne Idee, auch wenn ich dieses Konzept zum Beispiel bei Mantics Dungeon Saga etwas konsequenter umgesetzt finde.

Die Rückseite der Box zeigt einen Überblick des Inhalts.

Folgendes Spielmaterial ist in der Schachtel enthalten:

  • Regelbuch
  • Transparente Bases für alle Modelle
  • Aktivierungsperlen und Verwundungsmarker für beide Fraktionen
  • Charakterkarten für alle Einheiten
  • 9 6-seitige ACE!-Würfel
  • 14 Miniaturen (Je ein Team der Fraktionen New Lilliput und der Gremlins)

Öffnet man die Box, stolpert man zunächst über die (sehr dünne) vollfarbig gedruckte Anleitung, die gerade einmal 10 Seiten umfasst. Die ersten drei Seiten beschäftigen sich mit einer kurzen Einleitung und einer allgemeinen Beschreibung der Völker. Dann folgen fünf Seiten Regelwerk und schließlich zwei Seiten mit den Beschreibungen verschiedenster Sonderfähigkeiten.

Hier fehlt mir persönlich als großer Freund von gut geschriebenen Flufftexten eine Beschreibung der einzelnen Einheiten. Das wäre noch ein schöner Atmosphärebonus gewesen, da die Trupptypen so etwas gesichtslos daherkommen.

Nachdem der unter der Anleitung liegende Schaumstoffdeckel entfernt wurde, fällt der geneigte Blick auf eine übersichtlich aufgebaute Schaumstoffeinlage, in der jede Figur aus der Grundbox ihr eigenes Fach hat. Zusätzlich gibt’s zwei Fächer für Würfel sowie Karten und Marker.

Für auf die Base geklebte Minis sind die Fächer zwar etwas schmal, aber das sollte auf jeden Fall noch passen.

Als kleines Gimmick liegt der Box noch eine Promominiatur des damals geplanten Fanhunter-Kickstarters bei, der leider nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Weiter geht’s mit dem begleitenden Spielmaterial – den Aktivierungsperlen, Wundmarkern und Würfeln.

Von den sogenannten ACE!-Würfeln liegen dem Spiel 9 Stück bei, jeweils 3 in den Farben Weiss, Rot und Schwarz. Die Farben stellen die verschiedenen Würfelstärken dar (Weiss – schwächste, Schwarz – stärkste) und dementsprechend haben die Würfel eine unterschiedliche Anzahl an Erfolgssymbolen (=Aces).

Dann gibt es noch für jede Einheit einen Aktivierungsmarker in Form einer Glasperle in unterschiedlichen Farben für die einzelnen Fraktionen. Im Spiel kommt jede Runde eine Perle pro teilnehmender Einheit in einen Beutel und die Reihenfolge, in der die Perlen gezogen werden, bestimmt die Zugreihenfolge der Einheiten. Vergleichbar also mit dem Initiativesystem von Bolt Action oder Gates of Antares.

Zuletzt liegen noch mehrere Wundmarker aus Plastik – ebenfalls in Fraktionsfarben – bei, mit denen Verwundungen an den Einheiten markiert werden können.

Werfen wir nun einen Blick auf die Charakterkarten, die komplett ohne Text auskommen und nur aus Piktogrammen aufgebaut sind.

Mir gefällt der schlichte, zweckmäßige Aufbau der Karten, der gut zum Einsteigercharakter des Spiels passt. Lediglich bei der Darstellung der Sonderfähigkeiten bin ich etwas zwiegespalten. Diese werden über eine Farbcodierung im Symbol der entsprechenden Grundfertigkeit dargestellt. Einerseits eine interessante Idee, andererseits muss man gerade zu Beginn sicherlich sehr häufig nachschlagen, um festzustellen, was sich denn jetzt nochmal hinter dem dunkelgrünen Farbcode beim Nahkampfattribut für eine Sonderfähigkeit verbirgt. Kurze Stichworte mit den Sonderfähigkeiten sind da sicherlich einfacher zu merken und man kann sich schon an Hand der Bezeichnung zumindest grob vorstellen, worum es geht.

Trotzdem ein interessantes Konzept bei den Karten, das mir vom Design her wirklich gut gefällt.

Der Vollständigkeit halber hier noch ein Foto der transparenten Bases, sicherlich der unspannendste Bestandteil der Box…

Und damit sind wir bei dem, was für uns sicherlich am interessantesten ist, nämlich den Miniaturen, die bei Home Raiders alle aus Metall gegossen sind.

Die Box enthält je ein Team der Gremlins und der New Lilliputs.

Namentlich wären das auf Seiten von New Lilliput:

– Captain Shefin als Anführer

– Eine Einheit Guardsmen (3 Figuren)

– Eine Einheit E.G.G.S. (2 Figuren)

Auf der Seite der Gremlins besteht das Team aus

– Spark als Anführer

– Einer Einheit Ragmen (3 Figuren)

– Einer Einheit Gremlin Technicians (3 Figuren)

– Einem Ragman Brute als Held

Zusätzlich gibt’s als Kickstarter-Exklusive Figuren

– Mortimer the Buccaneer (noch unbekannte Fraktion)

– RAF the Pilot als weiterer Held für die Gremlins

Besteht eine Einheit aus mehreren Figuren, hat jede eine andere Pose, was eine schöne Abwechslung in die Figuren bringt. Vom Detailgrad her sind die Figuren relativ schlicht, gerade wenn man sie zum Beispiel mit den detailverliebten Minis eines Freebooters Fate vergleicht, das ich im Moment hauptsächlich auf dem Tisch stehen habe. Die vorhandenen Details sind aber sauber gegossen und man kann gut erkennen, welche Teile an welcher Stelle enden bzw. anfangen. Da ich die extrem detaillierten Carnevale-Miniaturen aus dem gleichen Hause kenne, ist der sehr geringe Detailgrad hier ausdrücklich als bewusstes Stilelement zu verstehen und nicht als mangeldes Designkönnen.
Die Figuren haben teilweise recht heftige Gußgrate (siehe zum Beispiel Captain Shefin oder die Ragmen), die aber größtenteils so gelegen sind, dass man sie ganz gut entfernen kann. Lediglich an den Hellebarden der Guardsmen ist Vorsicht geboten, da das verwendete Material sehr weich ist und sich beim Entgraten (und vermutlich auch später beim Transport) schnell verbiegt. Mortimers Schwert ist ein ähnlicher Fall, das Teil ist extrem dünn und kam bei mir praktisch bis zur Unkenntlichkeit verbogen an. Ganz gerade werde ich das Ding wohl auch nicht mehr kriegen.

Bis auf Mortimer sind alle Figuren in einem Stück gegossen, was für mich ein weiteres Argument für die Einsteigerfreundlichkeit des Systems ist.

Das Design selbst finde ich sehr stimmig und passend, besonders die Ragmen, die mich sehr stark an den Film #9 erinnern, haben es mir angetan. Auch die restlichen bisher bekannten Fraktionen sind kreativ designt und machen Lust auf mehr. Da gibt es die Lords of Dust – Pinguine im Stil der alten Ägypter, das an Fabelwesen erinnernde Fair Folk und die nagetierartigen Freeloaders. Die ersten Miniaturen des Fair Folks wurden jetzt bei TTCombat auch neu aufgelegt und sind in deren Shop erhältlich.

Und damit bin ich auch schon am Ende des Boxeninhaltes angekommen. Als letztes Bild noch ein Gruppenfoto der Minis, die ich zusätzlich zur Grundbox als Addons bestellt habe und die die beiden Fraktionen vollständig machen:

Für New Lilliput ein Biker sowie Corporal Balmuff; für die Gremlins zwei Climber und Tinkerer.

Damit ihr euch ein etwas besseres Bild vom Spielsystem machen könnt, möchte ich nun noch einen kurzen Überblick über die Regeln geben.

Die Truppen werden unterteilt in Einheiten (bestehen aus mehreren Figuren, die alle innerhalb einer Aktivierung agieren können), Anführer (eine Einzelfigur, die einer Einheit zugeordnet werden muss, und die während des ganzen Spiels mit dieser zusammen aktiviert wird) und Helden (einzelne Figuren, die separat aktiviert werden).

Die Aktivierungsfolge ergibt sich aus der Reihenfolge der gezogenen Aktivierungsperlen. Für jede gezogene Perle der eigenen Fraktion kann ein Trupp (Einheit, Held oder Einheit mit Anführer) zwei Aktionen ausführen.

Aktionen können Bewegungen, Kampfaktionen, Magieaktionen oder generische Aktionen (alles, was nicht zu den vorherigen Kategorien gehört, z.B. Aufstehen, Hindernisse verschieben oder Missionsziele aufnehmen) sein.

Wird in Kämpfen gewürfelt, geschieht das mit dem auf der Charakterkarte für die entsprechende Aktion angegebenen Würfelpool, der bei Verwundung reduziert werden muss.

Würfelt eine Figur im Kampf mehr Erfolge als der Gegner Verteidigungserfolge, erhält dieser einen Wundmarker. Mit der zweiten Wunde scheidet die Figur aus dem Spiel aus.

So weit, so übersichtlich. Etwas mehr Tiefe erhält das System durch die Sonderfähigkeiten. Jeder Aktionsart können eine oder mehrere Spezialfähigkeiten zugeordnet sein, was durch eine Einfärbung des jeweiligen Aktionssymbols auf der Charakterkarte dargestellt wird. Das können zum Beispiel bei Anführern Buffs für die zugeordnete Einheit sein, oder in Nahkämpfen die Fähigkeit Rundumschläge durchzuführen.

Für einen einfacheren Einstieg in die Regeln unterscheidet Vesper-On im Regelwerk zwischen Grundregeln und erweiterten Regeln, letztere können nach Belieben hinzugenommen oder weggelassen werden.

Und das ist auch schon alles Wichtige, was man zu den Regeln sagen kann.

Damit komme ich zu meinem (erstmal sehr theoretischen, da ich gestehen muss, dass ich bisher immer noch kein Spiel gespielt habe) Fazit.

Home Raiders stellt für mich ein großartiges Einsteiger- und Familienspiel dar.

Die Einstiegshürde ist extrem gering, da kein selbstgebautes oder gekauftes Gelände nötig ist, die Figuren nicht zusammenbastelt, sondern nur auf die Base geklebt werden müssen und das sehr überschaubare Regelwerk schnell erlernt ist. Die nicht zu überladen gestalteten Figuren sollten auch für Einsteiger gut zu bemalen sein.

Der familientaugliche Fluff und die Möglichkeit, eine Kampagne um die Vorherrschaft in der eigenen Wohnung zu spielen macht das Ganze zu einem witzigen Familienspaß.

Das Fraktionsdesign und das gesamte Konzept hinter Home Raiders finde ich großartig, da das Szenario so herrlich unverbraucht ist.

Auch preislich wird der Einstig ins System leicht gemacht, da man zum Spielen lediglich die Regeln und ein paar Figuren benötigt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Tabletops ist es nicht notwendig, noch viel Geld in stimmungsvolles Gelände zu stecken, um das volle Spielpotenzial auszuschöpfen.

Daher zeigen für mich zumindest in der Theorie alle Daumen nach oben. Wie sich das ganze in der Praxis bewährt, wird (hoffentlich) die Zeit zeigen.

Und damit bin ich am Ende meines Artikels angelangt. Ich hoffe, ich konnte euer Interesse für dieses kleine, aber feine Spielsystem wecken. Ich würde mir auf jeden Fall wünschen, dass es viele Freunde findet und kontinuierlich ausgebaut wird.

Lebt lang und in Frieden,

Andreas

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